Intelligente Versorgung von Maschinen mit Kühlschmierstoff
Digital in NRW arbeitet mit der grindaix GmbH an einem KI-basierten Produktionssystem
Die Optimierung und der Umbau von Kühlschmierstoffversorgungssystemen für Werkzeugmaschinen ist das Spezialgebiet der grindaix GmbH. Das Unternehmen aus Kerpen erkennt die hohe Nachfrage nach einer digitalisierten und vernetzten Lösung für eine optimale Versorgung von Maschinen mit Kühlschmierstoff – und reagiert darauf: In einem Transferprojekt mit Digital in NRW erarbeitet grindaix Bauteine für ein Produktionsversorgungssystem, das künstliche Intelligenz verwendet.
Eine nutzbringende, kundenorientierte Produktion ist das Ziel eines jeden Unternehmens – und eine große Herausforderung zugleich: Die Anforderungen an Qualität, Kosten und Fertigungszeit müssen erfüllt und gleichzeitig mit dem Thema Nachhaltigkeit in Einklang gebracht werden. In der Serienfertigung hat die Kühlschmierstoffversorgung wesentlichen Einfluss auf das Prozessergebnis und gilt oftmals als Ursache für Qualitätsschwankungen.
Prozessfaktoren erfassen und analysieren
Dennoch wird selten untersucht, von welchen Prozessfaktoren diese qualitativen Differenzen abhängen. „Viele Unternehmen beschäftigen sich mit dieser Frage gar nicht“, weiß Tobias Kaufmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen und Leiter des Transferprojekts von Digital in NRW. „Aber je größer die Versorgungskette wird, je mehr Maschinen aneinanderhängen, desto wichtiger ist es zu wissen, wie jede einzelne Anlage mit Betriebsmitteln wie Druckluft, Wasser, Strom oder eben Kühlschmierstoff versorgt wird, wo welcher Druck anliegt und welche Temperatur oder Keimbelastung vorliegt. Nur mit Hilfe der quantitativen Erfassung dieser Zustandsgrößen in einem vernetzten System können Differenzen und Fehler im Prozess erkannt und ausgeglichen werden“, so Dr.-Ing. Dirk Friedrich, Geschäftsführer der grindaix GmbH. „Viele Unternehmen erfassen diese Kenngrößen trotz der technischen Machbarkeit jedoch bislang nicht.“
Entwicklung einer digitalen Prozessüberwachung
Um klare Vorhersagen zur Betriebsmittelversorgung in der Produktion zu erreichen, arbeiten Digital in NRW und grindaix an der „Resilienten Prozessführung durch KI-basierte Kühlschmierstoffzufuhr beim Schleifen“, so der offizielle Titel des Transferprojekts. Dahinter steckt die Entwicklung einer digitalen Prozessüberwachung. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz sollen zukünftig Fehler und Abweichungen in der Versorgung der Maschinen erkannt, erfasst und Handlungsempfehlungen entwickelt werden. Das Transferprojekt mit Digital in NRW stellt dazu die Weichen für eine nachhaltige Kühlschmierstoffversorgung mit hohen Qualitätsstandards. „Ausfälle in der Versorgungskette vorherzusagen und direkte Maßnahmen zu ergreifen, um den Produktionsprozess nicht zu unterbrechen, wird immer wichtiger“, so Kaufmann.
Von der IST-Analyse zur Erprobung
Die Experten von Digital in NRW haben zunächst im Rahmen einer IST-Analyse die Möglichkeiten einer zentralen oder dezentralen Kühlschmierstoffversorgung (KSS) einer Werkzeugmaschine aufgenommen und Kommunikationsschnittstellen identifiziert. Es folgte die Entwicklung eines Soll-Konzepts: In enger Zusammenarbeit mit dem Unternehmen wurde eine geeignete Sensorik zur Erfassung relevanter KSS-Versorgungsparameter erarbeitet, sowie ein technisches Lösungskonzept zur digitalen Vernetzung der einzelnen Schnittstellen entwickelt. „Aktuell erproben wir die KSS-Überwachung mit modernster Fluid-Sensorik im Forschungsumfeld, um Daten zu generieren und zu analysieren“, erläutert Tobias Kaufmann.
Simulation am Demonstrator
Im Werkzeugmaschinenlabor in Aachen wird an Analogie-Prüfständen gearbeitet und ein Demonstrator mit Rohrleitung, Pumpe und Sensorik aufgebaut, an dem die verschiedenen Prozessabläufe und Fehlerursachen simuliert werden: Was passiert, wenn sich eine Leitung zusetzt? Was, wenn der Druck zu gering ist? „Die Herausforderung ist, eine Datenbasis zu schaffen, mit der die Algorithmen arbeiten können“, erklärt Tobias Kaufmann. Die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung müssen erforscht, Handlungsempfehlungen entwickelt werden. „Dafür müssen wir Szenarien aus dem Realbetrieb erfassen und in den Prüfstand überführen, um deren Auswirkungen auf die Daten zu erfassen.“, so der Projektleiter. Kern des Transferprojekts ist es, eine Methodik für Plausibilitätsprüfungen zu entwickeln, welche später auf diverse Anwendungen übertragen werden kann. Hochqualitative Plausibilitätsprüfungen stellen „die Grundvoraussetzungen für später abgeleitete Handlungsempfehlungen, die die Prozessführung schließlich verbessern und nicht einen Maschinencrash verursachen sollen.“ Je mehr Daten vorliegen, desto größer ist das spätere Bestimmtheitsmaß der Algorithmen.
Mehr Effizienz, weniger Ausschuss
Anschließend sollen drei repräsentative Fälle vom Demonstrator ins reale Umfeld überführt, die Erkenntnisse in der realen Fertigung eingebracht werden. Geplant ist, das erarbeitete Konzept in ein Assistenzsystem an einer Serienmaschine einzusetzen und für die Praxis aufzubereiten. „Kleine und mittlere produzierende Unternehmen können von der Entwicklung sicherlich profitieren“, betont Tobias Kaufmann. „Der Einsatz dieses Systems schafft Ressourceneffizienz, mehr Prozesssicherheit und die Reduktion von Ausschussteilen, wodurch wiederum Kosten eingespart werden können.“